Unter den Stichworten “Decolonizing DH” oder “Disrupting Digital Monolingualism” wurde in der letzten Zeit Kritik an der einseitigen Zentrierung der Digital Humanities auf lateinbasierte Schriftsprachen laut. Dies umfasst mehrere Ebenen.
Zum einen bedeutet die Arbeit mit Nicht-Lateinischen Schriften und multilingualen Quellen in einer englischsprachigen Infrastruktur häufig ganz pragmatisch, eine hohe Toleranz gegenüber notwendigen Workarounds entwickeln zu müssen, sowie mit Inkompatibilitäten oder schlicht fehlender Unterstützung und Funktionalität für bestimmte Schriftsprachen konfrontiert zu sein. Das führt dazu, dass für diese Fälle neue Tools und Infrastrukturen entwickelt werden müssen. Nicht zuletzt durch die Marginalisierung der Multilingual DH sowohl im Bereich der Digital Humanities-Community, als auch im Bereich der konservativen Wissenschaften, führt dies zu Parallelentwicklungen, da hier ein effektiver Austausch fehlt.
Neben diesen praktischen Problemen beinhaltet die Kritik aber auch eine Auseinandersetzung mit dem globalen, wissenschaftspolitischen System der Digital Humanities. Die technische und personelle Infrastruktur ist massiv abhängig von den finanziellen Mitteln, die im globalen Norden reicher vorhanden sind, als im globalen Süden. Dieser bleibt dadurch hinter dem globalen Norden zurück, der das Feld der Diskurse und Möglichkeiten prägt und bestimmt. Dieser “Kolonialismus” und die Marginalisierung der digitalen Wissenschaftspraxis des globalen Südens und die einseitige Fokussierung auf Themen des globalen Nordens stellen eine Hierarchisierung der Wissenschaftspraxis dar, die thematisiert, diskutiert und praktisch herausgefordert werden muss.
Die AG beabsichtigt, die Kritik aufzugreifen und zu diskutieren, um an internationale Diskurse anzuschließen und Ideen für Verbesserungsmöglichkeiten zu entwickeln. Auch soll die bessere Vernetzung von betroffenen DH-Segmenten gefördert werden.
- Erarbeitung von Schwachstellen im Hinblick auf die Unterstützung nicht-lateinischer Schriften in DH-Infrastruktur.
- Kritische Diskussion der deutschen und internationalen DH-Praxis im Hinblick auf (neo)koloniale Praktiken. Das umfasst Vokabular, Infrastruktur, Methodologien und Themenfelder.
- Unterstützung und Beratung zur Sichtbarmachung von Missständen.
- Erarbeitung von Lösungsansätzen und Verbesserung technischer Anforderungen im Bereich der Multilingualität durch die Sichtbarmachung der Probleme im Austausch mit Entwicker*innen.
- Vernetzung von Akteur*innen im Bereich multilinguale DH national und international auf und durch Workshops, Konferenzen und Publikationen
https://m-l-d-h.github.io/DHd-AG/ https://dig-hum.de/ag-multilingual-dh
https://github.com/M-L-D-H/DHd-AG/wiki
Jeden ersten Donnerstag im Monat um 13:00 Uhr findet über Zoom unsere Community Hour statt. Diese dient der Vernetzung und dem zwanglosen Austausch über aktuelle Projekte und Probleme im Bereich Multilingual Digital Humanities. Teilnehmen kann jede:r Interessierte.